Ankunft im Basislager – Montag, 30. Oktober 2017

Hans Kammerlander, unser Filmteam um Gerald Salmina und ich haben das Basislager am Manaslu erreicht und eingerichtet. Schon auf dem viertägigen Marsch über den Larkya La Pass auf 5.200 Metern hatte sich angedeutet, was uns hier erwartet: Unmengen an Schnee, die schon der Blick vom Pass in Richtung Manaslu und auf das kleine, vorgelagerte Dorf Samagaun preisgab. Dort haben wir die letzten beiden Ruhetage mit einer buddhistischen Zeremonie und dem Kennenlernen der freundlichen Dorfbewohner verbracht. Während der einen oder anderen Tasse Tee, die Wärme gegen den aufkommenden Winter spendeten, haben wir viel über die Lebensweise der Menschen hier erfahren, die hart für ihr tägliches Brot arbeiten müssen. In ihren von der Sonne gegerbten Gesichtern spiegeln sich die kargen Böden der hiesigen Bergwelt wider, denen sie mühsam einige Grundnahrungsmittel wie Reis und Kartoffeln abzugewinnen versuchen. Ob der zunehmende Tourismus, der inzwischen auch vor dieser Region Nepals keinen Halt mehr macht, für sie Fluch oder Segen bringen wird, bleibt abzuwarten.

Neben diesen intensiven Erfahrungen hat die Passüberquerung maßgeblich zu unserer Akklimatisierung beigetragen. Das ganze Team ist in Form, auch wenn starker Schneefall und Regen unsere Trekkingtour ins 4.800 Meter hochgelegene Basecamp erschwert hatten. Einige vorgestiegene Sherpa hatten bereits Zelte und auch die Küche dort aufgebaut, um uns gleich nach unserer Ankunft mit einer leckeren Mahlzeit zu empfangen. Sie bestätigten die Eindrücke, die wir schon während unseres Anmarschs gewonnen hatten. Das Wetter hat sich in den beiden vergangenen Wochen sehr zu unseren Ungunsten gewandelt, hat den anfangs nur mäßig ansteigenden Normalweg in Richtung Lager 1 stark zugeschneit und auch die steileren Flanken und Serac-Gebiete im oberen Bereich des Manaslu mit etwa zwei Metern Neuschnee überzogen. Als ob das nicht genug wäre, berichtet der Wetterdienst von Minus 40 Grad und kräftigen Winden im Gipfelbereich.

Hans Kammerlander und Stephan Keck im Base Camp

Das Team beim Anstieg zum Camp 2

„Das heißt, dass wir uns leider auch wesentlich länger in den Gefahrenzonen unter den Eistürmen und Hängegletschern aufhalten müssen“

STEPHAN KECK

Alleine und in Trance – Sonntag, 5. November 2017

Wetterkapriolen, Schnee und enorme Temperaturunterschiede zwischen sonnigen und schattigen Phasen, mit denen wir nun auf unserem Weg zu Lager 1 ständig konfrontiert werden, sorgen dafür, dass wir täglich nur etwa 500 Höhenmeter vorankommen. Hüfttief versinken wir beim Spuren im Schnee, wechseln uns alle 100 Schritte ab, um nicht zu viele Körner zu verbrauchen und überhaupt eine Chance gegen die Schneemassen zu haben. Und trotz allem genieße ich diese Art des Bergsteigens, fühle mich beim Spuren zuweilen wie in Trance, verschmelze mit der Natur und bemerke, wie klein man als einzelner Mensch an einem solchen Bergriesen doch ist. Einerseits kostet es uns also viel Zeit, dass wir die einzige verbliebene Expeditionsgruppe am Manaslu sind, andererseits empfinde ich das in Zeiten des zunehmenden Bergtourismus als wohltat, so auf sich alleine gestellt unterwegs zu sein. Das ist auch für mich nicht alltäglich und selbst Hans, seines Zeichens ebenfalls aufgrund der Schneemassen beunruhigt, findet seinen Gefallen daran. Das verwundert nicht weiter, bestieg er solche Berge doch bereits zu der Zeit, als man noch keine Gedanken an endlose Menschenschlangen an Mount Everest und Co verschwenden musste.

 

Lager 1

 

Am 5. November haben wir das erste Höhenlager auf 5.800 Metern nun nach mehreren Anläufen erreicht. Mehrmals mussten wir umkehren und auf dem erneuten Weg nach oben neu spuren, da der Wind wieder frischen Schnee in unsere Bahn geblasen hatte. Inzwischen sind die Zelte aber aufgeschlagen und die Filmcrew, die fortwährend ihren Drehplan abarbeitet, konnte einen Großteil ihres Equipments bereits dort unterbringen. Während die Kameraaufnahmen bis 7.000 Meter zusätzlich noch von einem Helikopter unterstützt werden, wird es weiter oben nur noch mit zwei herkömmlichen Kameras und einigen GoPros weitergehen. Das betrifft bereits Höhenlager 2, das wir trotz aller widrigen Umstände auf 7.400 Metern planen und nun nach zwei weiteren Akklimatisierungstagen in Lager 1 und einem Ruhetag im Basecamp angehen wollen.

Geduld und Vorsicht sind gefragt – Dienstag, 7. November 2017

Nachdem das gesamte Team inzwischen bereits in Lager 1 war, werden wir ab dem morgigen Mittwoch langsam aber sicher in Richtung Lager 2 aufbrechen – auch wenn am Berg schnelles Vorankommen manchmal sicherer ist. Zumindest dann, wenn es gilt, Gefahrenzonen wie den äußerst instabil wirkenden Eisbruch auf dem Weg in Lager 2 zu passieren. Wir kommen weiterhin jedoch nur mühsam voran, sind zu wenige, die die kräftezehrende Spurarbeit übernehmen können. So müssen wir zusehen, uns nicht allzu lange unterhalb großer Schneefelder oder der bizarr anmutenden und riesigen Eistürme aufzuhalten.

Trotz allem sind wir optimistisch, Lager 2 bis zum 12. November erreichen zu können. Vor allem aber sind Hans und ich sehr gespannt, denn erst von dort aus werden wir einen Blick auf das darüber liegende Plateau werfen können und Gewissheit haben, wie viel Schnee uns auf dem verbleibendem Weg zum Gipfel noch erwartet.